IN MEMORIAM MAX MANNHEIMER

Vor zwei Jahren erstellte die Klasse 10c (Bezeichnung im Schuljahr 2016/2017) in monatelanger gemeinschaftlicher Arbeit die Ausstellung 99728 IN MEMORIAM MAX MANNHEIMER, unterstützt von ihren beiden Lehrerinnen Renate Taube und Kirsha Springer. Das Gedenken an Herrn Mannheimer, der unser Gymnasium über so viele Jahre hinweg besuchte und im Dialog mit unseren Schülern war, war ihnen ein Anliegen aus tiefstem Herzen.

In den folgenden Monaten war die Ausstellung zweimal am GG und einmal im Ebersberger Rathaus zu sehen. 

Heute stehen die ehemaligen 10c-ler kurz vor dem Abitur - die Ausstellung und somit das Gedenken an Herrn Max Mannheimer nehmen dennoch nach wie vor einen großen Platz in ihrem Leben ein.

Im Juni wird 99728 IN MEMORIAM MAX MANNHEIMER im evangelischen Gemeindehaus in Grafing zu sehen sein; im Februar eröffneten Vertreter der damaligen 10c die Ausstellung im Gymnasium Dorfen:

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

sehr geehrte Frau Hafner,

sehr geehrte Frau Neumann, sehr geehrter Herr Graf,

liebe Schülerinnen und Schüler,

 

wir möchten uns außerordentlich dafür bedanken, dass wir heute hier sein können und zu Euch sprechen dürfen.

30 Jahre lang kam zuverlässig im Frühjahr Max Mannheimer an unsere Schule nach Grafing. Im April 2016 hatten wir als Neuntklässler die Ehre, ihn als 96jährigen auf einer solchen Veranstaltung persönlich kennenzulernen.

Herr Mannheimer wurde in einem Rollstuhl in den Raum gefahren und an einen Tisch mit einem Mikrofon gerollt.

Wer von uns zunächst den Eindruck hatte, dass wir nun 1 ½ Stunden einem hilfsbedürftigen alten Mann begegnen würden, der merkte sehr bald, dass er sich gründlich geirrt hatte. Sehr offen und frisch begann er, wobei er sich vorstellte und sofort zum Thema kam.

Er schaffte es, so zu sprechen, dass er die 150 Schüler, die dicht gedrängt vor ihm saßen, in seinen Bann zog. Er zog uns in seinen Bann mit seiner Ernsthaftigkeit und Wahrhaftigkeit, mit der er von seinen Erlebnissen in der NS-Zeit berichtete. Er zog uns in seinen Bann mit seiner Energie, die er ausstrahlte und mit der er hinter dem stand, was er sagte. Er zog uns in seinen Bann mit seinem Humor und Witz, mit dem er in der Lage war, dem Schrecken ein wenig die Schärfe, ein wenig das Bedrohliche zu nehmen.

Max Mannheimer berichtete von seiner Jugend im Sudentenland, von seinem unpolitischen Vater, von seinen Geschwistern – wie sie zusammen geborgen aufwuchsen und jeder seinen Lebensweg beginnen konnte.

Er berichtete vom Einbrechen des Unheils in seine heile Welt im Jahr 1938 – mit dem Einmarsch der Wehrmacht ins Sudetenland im Oktober, mit der Reichspogromnacht im November und mit der Vertreibung der Familie im Dezember nach Mähren, wo sie sich in den nächsten vier Jahren mehr schlecht als recht über Wasser halten.

Max Mannheimer erlebt Ausgrenzung und Einengung. Er erlebt, wie Menschen wie er als „wertlos“ bezeichnet werden, nur weil sie jüdisch sind. Er berichtete, wie er  naiv meinte, dass es wirklich zu Beginn des Jahres 1943 für seine Familie und ihn zu einem „Arbeitseinsatz im Osten“ ging.

Umso heftiger ist sein Erschrecken, als er mit seiner Familie direkt nach Auschwitz deportiert wird und seine Eltern, seine Schwester und seine Ehefrau sofort ermordet werden. Das ruft einen unvorstellbaren Schmerz in ihm hervor.

Max Mannheimer erkennt rasch, dass es den Nationalsozialisten in Auschwitz darum geht, aus den Häftlingen die letzte Lebenskraft herauszupressen und sie dann zu vernichten.  -  Entscheidend wird, dass Max in dieser Situation nicht aufgibt, dass er nicht resigniert. Max Mannheimer ist überzeugt von seinem Wert als Mensch; dies hat ihm vor allem seine Mutter vermittelt. Mit diesem Selbstverständnis verschwendet er keine Energie, um die Deutschen und die SS zu hassen. Sondern er konzentriert sich ausschließlich darauf, Auschwitz mit seinen Brüdern zusammen zu überleben.

Diese innere Stärke hat uns tief beeindruckt. Seine Offenheit, mit uns jungen Menschen darüber zu sprechen, zeigte sein Interesse an uns und hat uns tief berührt.

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Als wir im September 2016 von Max Mannheimers Tod hörten, waren wir sehr traurig.

Aber nach einigen Wochen haben wir gemerkt: Wir möchten etwas tun ! Und dann entstand die Idee einer Ausstellung über ihn.

  • Wir wollten, dass Max Mannheimer nicht vergessen wird. Wir wollten ihn ehren. Wir wollten ihn ehren als eine starke, beeindruckende Persönlichkeit, die in einer außerordentlich schwierigen Situation Haltung bewahrt hat. Wir wollten ihm unseren Respekt erweisen.
  •  Der 2. Grund für die Ausstellung war: Wir möchten das Vermächtnis von Max Mannheimer bewahren. Er hat uns mit seinem Vortrag wachgerüttelt. Das Leid der Verfolgten und die Ermordeten dürfen nicht vergessen werden.

 „Das Vergessen des Bösen ist die Erlaubnis zu seiner Wiederholung“ –

das steht auf einem Denkmal in der Gedenkstätte des KZ Mauthausen in Österreich.

Mit dieser Ausstellung möchten wir auch zeigen, dass die Verantwortung dafür, dass heute die Ausgrenzung von Menschen nicht zugelassen wird, dass jedem Menschen mit Respekt begegnet wird, bei uns liegt – vor allem auch bei uns jungen Menschen.

  •  Und der 3. Grund für die Ausstellung war:

Wir möchten die zentrale Botschaft Max Mannheimers weitertragen: Seine Einladung war, in schwierigen Lebenssituationen nicht aufzugeben, sich nicht zu beklagen und vor allem nicht auf die, die einen in die schwierige Situation gebracht haben, wütend zu sein oder sie zu hassen. Max Mannheimers Einladung ist stattdessen, sich in herausfordernden Situationen auf die innere Stärke zu beziehen, die Situation anzunehmen, wie sie ist, und sein Bestes zu geben. Für Max hieß das: zu akzeptieren, dass er in Auschwitz ist und sein Bestes zu geben, dass seine Brüder und er überleben.

Wir glauben, dass wir, die Schüler, die Max noch persönlich erleben durften, die Aufgabe haben, Mitschülern und vor allem Jüngeren zu vermitteln, was für eine beeindruckende Persönlichkeit Max Mannheimer war und wie bereichernd seine Botschaften für jeden von uns sein können.

Deshalb haben wir die Ausstellung gestaltet. – Wir freuen uns deshalb sehr, dass wir sie Ihnen und Euch sowie in den nächsten zwei Wochen auch Euren Mitschülern zeigen zu dürfen.

Wir hoffen, dass die Persönlichkeit Max Mannheimer die Besucher der Ausstellung „packt“ und dass Ihr bereichert und mit Schwung aus der Ausstellung geht.

Das würde uns sehr freuen.

 

Wir bedanken uns für das Zuhören und stehen jetzt gerne für Fragen zur Verfügung. Wir hoffen, dass wir die meisten gut beantworten können.

 

Anna Oeckl, Dan Lionis, Steffi Thurnhuber, (Renate Taube)