Zeitreise wider das Vergessen

Alle zehnten Klassen nahmen im Herbst 2012 am ‚Zeitgeschichtlichen Studienprogramm des Jugendgästehauses Dachau’ teil. Die Teilnahme unserer Schüler an diesem besonderen Bildungsangebot hat im Rahmen des Sozialkunde- bzw. Geschichtsunterrichts am GG bereits Tradition: Seit vielen Jahren studieren die Schülerinnen und Schüler während dieser drei Tage in Arbeitsgruppen die Geschichte des Nationalsozialismus in vielerlei Facetten und mit verschiedenen Schwerpunkten. z.B. ‚Kirche im NS’, ‚Frauen im NS’, ‚Das KZ Dachau in Bildern’ sowie ‚Alltag im KZ Dachau’. Die drei Tage sind von Wissensvermittlung und von bewegenden Eindrücken bestimmt, sei es beim Besuch des Gedenkstättengeländes oder beim eigenständigen Erschließen von Quellenmaterial. Besonders ergreifend sind die Zeitzeugengespräche – im Jahr 2006 z.B. gedolmetschte Berichte von Überlebenden des KZ Dachau und seiner Außenlager aus Russland, der Ukraine und Weißrussland, die wegen des 61. Jahrestages der Befreiung des KZs in Dachau zu Besuch waren und mit uns unter einem Dach wohnten.
Wahrscheinlich geben jedoch die Eindrücke der Schülerinnen und Schüler ein authentischeres Bild dieser Tage ab, als dies durch die Darstellung des Programms möglich ist. Im Folgenden finden sich daher Reflexionen und Fotos zu dieser Zeitreise wider das Vergessen.

Lucie Bauer-Ertl, Richard Meisinger

Ich habe in Dachau viel Interessantes und Neues erfahren, z. B. dass es in den Konzentrationslagern Bordelle gab. Auch in Dachau (das ja eigentlich ein Männer-KZ war)! Es war toll, mit einem Überlebenden zu sprechen, der so bereitwillig über sein Leben im Konzentrationslager berichtet hat. Ich habe auch nicht gewusst, dass innerhalb der einzelnen Baracken besonders gewalttätige Menschen von den Nazis begünstigt wurden. Ich kann nicht verstehen, dass einige Männer, die die Bordelle besucht haben, nicht einsehen, dass es für die Frauen auch sehr schlimm war, nicht nur für die Männer. Die Willkür, der die KZ-Häftlinge ausgesetzt waren, hat mich besonders geschockt, ebenso wie die physischen und die psychischen Strafen. (Tabea Ries)

Besonders bewegend war das Zeitzeugengespräch für mich, zu erfahren, wie diese Menschen das Geschehene verarbeitet haben und wie offen sie uns Schülern darüber berichten. Wir haben etwas über das tragische Schicksal einiger KZ-Häftlinge erfahren und realisiert, dass es Tausende dieser Schicksale gab und man sich an jeden einzelnen Menschen dahinter erinnern soll.

I gnoranz
M enschenwürde

K rankheiten
O rdnung
N azis
Z ucht
E lend
N ot
T yphus
R echte
A rbeit
T rauer
I deologie
O pfer
N ationalität
S trafen
L eid
A ufstände
G ewalt
E rgebene
R assismus
D urst
A ngst
C haos
H olocaust
A llein
U nterdrückung

J ugend
U nterkunft
G emeinsam
E rlebnis
N achdenken
D anke
G espräche
Ä ngste bewältigen
S pass
T eam
E rgebnisse
H ilfsbereitschaft
A rbeit
U nterhaltung
S piele

(Antonia Orterer)

In Dachau beeindruckte mich besonders das Gespräch mit dem Zeitzeugen Nicolai Aleksandrovic. Die Möglichkeit zu haben, mit einem Überlebenden zu sprechen und konkrete Fragen stellen zu können war einmalig. Seine persönlichen Erinnerungen und Gefühle beeindruckten mich sehr, da so ein Gespräch doch viel eindringlicher ist als ein Buch oder ein Film und bestimmt ein Leben lang im Gedächtnis bleibt. (Johanna Koch)

D inge, die mich bewegt haben: Zeitzeugen, Krematorium, Bunker;
A lltag: von Hunger geplagt;
C hance durch die Befreiung durch die Amerikaner, doch gekränkt durch die Erlebnisse;
H offnung auf Freiheit vergeht beim Anblick des Grauens und des Todes;
A rbeit macht frei!
U mstände und Versorgung sehr schlecht.
(Sabine Hähnlein)

Am meisten hat mich das Gespräch mit den Überlebenden berührt und die Bilder von den Leichen und den Gefangenen. Ich fand es hochinteressant, dass die evangelische Kirche die nationalsozialistische Regierung unterstützt hat. Das habe ich zum Beispiel vorher nicht gewusst. Der Rundgang durch den Bunker war ebenfalls spannend. Ich hätte nicht gedacht, dass die SS die Gefangenen zum Selbstmord angehalten haben, dass deutsche Priester Gottesdienste abhalten durften, dass die Gefangenen nur selten und dann auch wenig Kontakt untereinander hatten, oder dass selbst unter den Gefangenen Juden fast nichts zählten. (Manuel Soukup)

Dinge, die mich bewegt haben:
Zeitzeugen, das Krematorium,
die Bilder der ausgehungerten Leichen,
jeden Morgen der Weg an den Toten vorbei.
Hoffnung, die Freunde oder Verwandten
jemals wiederzusehen
gibt es nicht mehr.
Angst, Hunger und Tod
sind Alltag.
Um frei zu sein
gehen einige freiwillig in den
Tod.

Warum?

(Janina Ruhanen)

Ein kalter Wind weht über den Appellplatz.
Er ist still und leer.
Ich stelle mir vor, wie vor 60 Jahren hier, an diesem Ort, Tausende von Menschen stehen mussten, ausgehungert, gequält und krank.
Der einzige Weg hinaus war der Schornstein des Krematoriums.
Ich glaube, zu sterben war für diese Menschen eine Erlösung.
Eine Erlösung von ihrem Leben, in dem sie nichts weiter verbrochen hatten,
als anders zu sein.
Anderer Meinung, anderer Herkunft oder anderer Überzeugung.